Stärkung der Verteidigungsfähigkeit durch Teilnahme an Art. 5-Übungen
Aufgrund der verschärften Bedrohungslage will der Bundesrat die internationale Zusammenarbeit intensivieren. Kooperation ermöglicht den Zugang zu Wissen und Erfahrungen der Partner und stärkt die Verteidigungsfähigkeit. Dabei sind die so genannten Art. 5-Übungen der Nato für die Schweiz von wesentlichem Interesse.

Vor dem Hintergrund der sicherheitspolitisch verschärften Lage in Europa, insbesondere infolge des Angriffskriegs von Russland gegen die Ukraine, will die Schweiz ihre Verteidigungsfähigkeit stärken und die internationale Zusammenarbeit intensivieren. Dabei umfasst die internationale Zusammenarbeit gemeinsame Ausbildungsaktivitäten mit Partnern. Diese fördern den Wissens- und Erfahrungsaustausch und ermöglichen es der Armee, die eigenen Fähigkeiten und Prozesse zu überprüfen und die Interoperabilität zu erhöhen. Die internationale Kooperation bietet Trainingsmöglichkeiten, die unter anderem aufgrund umweltbedingter Einschränkungen in der Schweiz nicht möglich sind, beispielsweise für Übungen der Luftwaffe in grösseren Formationen. Im Gegenzug kann die Armee anderen Staaten Ausbildungsinfrastrukturen sowie spezifisches Fachwissen (zum Beispiel Simulatoren oder Ausbildungen im Hochgebirge) zur Verfügung stellen.
Partnerschaft für den Frieden
Die Schweiz beteiligt sich seit 1996 an der Partnerschaft für den Frieden (Partnership for Peace) der Nato. Die thematischen Schwerpunkte und die Prioritäten dieser Kooperation werden durch den Bundesrat festgelegt. Dies tat er letztmals im September 2023, als er die Ziele der Zusammenarbeit für die Jahre 2023 und 2024 im Individually Tailored Partnership Programme (ITPP), – nicht rechtsverbindlich – definiert hat.
Die Zusammenarbeit umfasst zum Beispiel den Austausch auf politischer und operativer Ebene, die militärische Friedensförderung, die Entsendung von Personal in Nato Centers of Excellence und gemeinsame Übungen. Über die Teilnahme der Schweiz an multilateralen und bilateralen Übungen, entscheidet der Bundesrat jährlich, zuletzt im Februar 2024. Die Zusammenarbeit der Schweiz mit der Nato ist mit der Neutralität vereinbar. So geht die Schweiz keine Verpflichtungen zur gemeinsamen Verteidigung ein und vermeidet Sachzwänge, die sie daran hindern würden, im Konfliktfall neutral zu bleiben.
Art. 5-Übungen
Immer mehr Übungen der Nato sind Verteidigungsübungen und fallen in die Kategorie der so genannten Art. 5-Übungen. Je nach Szenario und Lageentwicklung entscheidet der Nordatlantikrat in einer solchen Übung auf Antrag eines Alliierten über die Beistandspflicht (Art. 5 des Nordatlantikpakts). Wobei ein Szenario auch beginnen kann, wenn der Bündnisfall bereits eingetroffen ist. Die Beteiligung an Art. 5-Übungen ist Mitgliedern der Nato vorbehalten. Dem Nordatlantikrat steht es jedoch frei, die Teilnahme von Partnerstaaten an einzelnen Übungen oder Teilen davon zu ermöglichen.
Vorteile für die Schweiz
Angesichts der sicherheitspolitischen Lage in Europa sind Art. 5-Übungen für die Schweiz von wesentlichem Interesse. Bislang war sie in einzelnen Übungen als Beobachterin dabei. Die Übungsteilnahme würde es der Armee ermöglichen, direkt Lehren für die eigene Verteidigungsfähigkeit ziehen. Als Teilnehmerin könnte die Schweiz das Szenario mitgestalten, eigene Anliegen einbringen und festlegen, an welchen Segmenten sie sich beteiligt. Sie würde ihre reale Rolle einnehmen, so wie sie diese aufgrund ihrer Neutralität definiert. Die Schweiz wäre also keine Bündnispartnerin und würde sich nicht an der Bündnisverteidigung an der Aussengrenze der Nato beteiligen.
Darüber hinaus könnten die Übungen dazu genutzt werden, die Zusammenarbeit mit Partnern für den Fall zu üben, in dem sich die Schweiz gegen einen übermächtigen Gegner nicht allein verteidigen könnte. Im Falle eines direkten Angriffs auf die Schweiz entfallen nämlich deren Neutralitätspflichten und sie ist frei, sich allein zu verteidigen oder gemeinsam mit anderen Staaten. Die Art und Weise dieser Zusammenarbeit würde die Schweiz bestimmen. Es liegt im Interesse der Schweiz, dass die Nato die reale Rolle der Schweiz in einem Konflikt wahrnimmt und ihre Grenzen für die Kooperation kennt. Interoperabilität ist eine Voraussetzung, dass man diese Option überhaupt hat. Auch in diesem Fall wäre die Schweiz nicht Bündnispartnerin, sondern Kooperationspartnerin. Aus der Teilnahme an einer Übung erwächst weder eine Beistandspflicht noch ein Beistandsanspruch für die Schweiz.
Die Möglichkeit, mit Partnerstaaten und der Nato zusammenzuarbeiten, stärkt die Verteidigungsfähigkeit der Armee und vergrössert die sicherheitspolitische Handlungsfreiheit der Schweiz. Verzichtet die Schweiz pauschal auf solche Übungen, engt sie ihre Handlungsmöglichkeiten für den Ernstfall selber ein und schadet damit ihrer eigenen Verteidigungsfähigkeit und Sicherheit. Und dies in einer sich verschlechternden Sicherheitslage.
Weitere Informationen
- Sicherheitspolitische Berichte
- Schweizer Armee: Strategie für die Zukunft
- Die internationale Kooperation der Schweizer Armee
- Partnerschaft für Frieden (PfP)
- Partnerschaft für den Frieden: Die Ziele der Kooperation zwischen der Schweiz und der Nato für 2023 und 2024 sind festgelegt
- Programm für internationale Übungen der Armee 2024

