Bundesrat heisst Rüstungspolitische Strategie gut
Bern, 20.06.2025 — Die verschlechterte Sicherheitslage erfordert eine Neuausrichtung der Schweizer Rüstungspolitik. An seiner Sitzung vom 20. Juni 2025 hat der Bundesrat daher seine erste Rüstungspolitische Strategie gutgeheissen. Damit will der Bundesrat die verbleibende verteidigungskritische Industriebasis in der Schweiz erhalten und die gesamte sicherheitsrelevante Technologie- und Industriebasis stärken. Zudem sollen Forschung, Entwicklung und Innovation zur Weiterentwicklung der Schweizer Armee ausgebaut und die internationale Rüstungskooperation der Schweiz intensiviert werden.
Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine hat sich das sicherheitspolitische Umfeld in Europa drastisch verschlechtert. Dies erfordert eine rasche Stärkung der Verteidigungs- und Durchhaltefähigkeit der Schweizer Armee. Auch der globale Rüstungsmarkt hat sich fundamental verändert: Die Nachfrage nach Rüstungsgütern ist stark gestiegen, was zu längeren Lieferzeiten und steigenden Preisen führt. Die Schweiz ist von diesen Entwicklungen besonders betroffen, da sie als Nicht-Mitglied der NATO, der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraumes sowie aufgrund ihrer kleinen Beschaffungsmengen bei Herstellerfirmen keine Priorität hat. Sie wird zudem von europäischen Staaten seit den abgelehnten Wiederausfuhren von Schweizer Kriegsmaterial an die Ukraine nicht mehr als zuverlässige Partnerin wahrgenommen. Immer mehr Staaten schliessen die Schweiz daher bei Beschaffungsvorhaben und aus Lieferketten aus.
Neuausrichtung der Rüstungspolitik
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, ist eine Neuausrichtung der Rüstungspolitik der Schweiz und eine stärkere strategische Steuerung des Bundesrates erforderlich. Am 27. November 2024 hat der Bundesrat das VBS deshalb mit der Erarbeitung einer Rüstungspolitischen Strategie beauftragt. Diese liegt nun vor und leitet zehn Handlungsfelder ab, die Wege aufzeigen, um die definierten Ziele zu erreichen.
Mit seiner Rüstungspolitischen Strategie will der Bundesrat sicherstellen, dass die Armee rechtzeitig mit der nötigen Bewaffnung, Ausrüstung und den erforderlichen Dienstleistungen versorgt und ihre Verteidigungsfähigkeit gestärkt wird. Zudem soll die zukunftsgerichtete Weiterentwicklung der Armee verbessert und die Zusammenarbeitsfähigkeit der Armee mit den Nachbarstaaten sowie weiteren europäischen Staaten erhöht werden.
Ein Schwerpunkt der Rüstungspolitischen Strategie des Bundesrates liegt auf dem Erhalt der verteidigungskritischen Industriebasis (VIB) und der Stärkung der gesamten sicherheitsrelevanten Technologie- und Industriebasis (STIB).
Insbesondere sicherheitsrelevante Schlüsseltechnologien sowie industrielle Kernfähigkeiten und Kapazitäten in der Schweiz sollen erhalten und weiter gestärkt werden. In Zukunft sollen dazu möglichst 60 Prozent des Rüstungsbeschaffungsvolumens in der Schweiz getätigt werden. Zudem sollen mit einem schrittweisen Ausbau der Investitionen in sicherheitsrelevante Forschung, Entwicklung und Innovation das in der Schweiz vorhandene technologische Potenzial für die Armee genutzt und weiterentwickelt werden. Geplant ist unter anderem die Verstärkung der Zusammenarbeit in diesen Bereichen mit den Schweizer Hochschulen, Startups und KMU. Ziel ist es, die technologische Eigenständigkeit der Schweiz in gewissen Bereichen zu stärken und die Wettbewerbsfähigkeit und internationale Kooperationsfähigkeit der Schweiz im rüstungstechnologischen Bereich zu erhöhen.
Die Stärkung der VIB und der STIB ist nicht nur für die Versorgung der Armee notwendig, sondern auch, um die Attraktivität der Schweiz als internationale Kooperationspartnerin zu erhöhen. Nur wenn die Schweiz selbst rüstungsrelevante Güter und Dienstleistungen anbieten kann, die von anderen Staaten nachgefragt werden, werden diese auch künftig bereit sein, mit der Schweiz im Rüstungsbereich zu kooperieren.
Ausbau der internationalen Rüstungskooperation
Die Erweiterung der internationalen Rüstungskooperation ist für die Schweiz notwendig, da sie von Rüstungsimporten aus dem Ausland abhängig bleiben wird, insbesondere bei Hauptsystemen wie Kampfflugzeugen, Kampfpanzern oder Artilleriesystemen. Zudem zielt die Schweiz darauf ab, sich im Falle eines bewaffneten Angriffs so weit wie möglich selbstständig schützen und verteidigen zu können, gleichzeitig aber auch in der Lage zu sein, mit anderen Staaten in bestimmten Situationen zu kooperieren. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, dass die Systeme und das Material der Schweizer Armee mit der Ausrüstung der Nachbarländer möglichst identisch oder zumindest kompatibel sind. Künftig soll daher möglichst 30 Prozent des Rüstungsbeschaffungsvolumens in den Nachbarstaaten und weiteren europäischen Ländern getätigt werden. Dieses Ziel kann auch durch vermehrte gemeinsame Beschaffungen mit Partnerstaaten erreicht werden.
Für die Erreichung der Ziele der Rüstungspolitischen Strategie ist eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für Schweizer Kriegsmaterialexporte massgeblich. Die Rüstungspolitische Strategie hält fest, dass es kaum möglich sein wird, die VIB in der Schweiz zu erhalten, wenn das Vertrauen europäischer Staaten in die Lieferzuverlässigkeit der Schweiz nicht wiederhergestellt werden kann. Die Wiederherstellung des Vertrauens ist ebenso wichtig, damit die Schweiz Eingang in Rüstungskooperationen und internationale Lieferketten findet und sie weiterhin Zugang zu ausländischen Rüstungsgütern erhält.
Umsetzung der Strategie erfolgt interdepartemental
Der Bundesrat hat das VBS beauftragt, die Rüstungspolitische Strategie des Bundesrates in Zusammenarbeit mit weiteren Departementen umzusetzen. Zu diesem Zweck wird eine langfristige, interdepartementale Arbeitsgruppe unter Beteiligung des EDA, EFD und WBF eingerichtet. Die Strategie enthält in Form eines Aktionsplans bereits ein erstes konkretes Massnahmenpaket zur Umsetzung. Dem Bundesrat wird einmal jährlich über den Umsetzungsfortschritt Bericht erstattet und ein allfälliger Anpassungsbedarf des Aktionsplans vorgeschlagen.
